Mirador viewer
München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 13001. Description by Ulrike Bauer-Eberhardt (2011)
Table of content
- Clm 13001
- Äußeres
- Einband
- Geschichte
- Literatur
- Inhalt
- Sonstiges
München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 13001
Riesenbibel (sog. Bibel Heinrichs IV.)
Rom (?), um 1060/70
Äußeres
Buchschmuck
Spaltleisteninitialen: Auf dem Pergament freistehende 13–60-zeilige Spaltleisteninitialen (Höhe: 11–53,5 cm) mit hellgelbem, rot konturiertem Stamm und in Parzellen unterteilter Spaltfüllung (Füllmotive: Flechtbänder mit hell gepunktetem Mittelgrat [Wellengeflecht, Wellenbänder mit Kreisschlingen, Tau, Brezel- und Achterknoten, Dreierschlinge] oder vereinzelt intermittierende Blattranke [z.B. 76ⱽ ]). Buchstabenschaft oft auf halber Höhe unterbrochen von gerahmten Rauten oder Medaillons mit Sternblüten bzw. Rosetten sowie oben und/oder unten mit Eckgeflecht, kapitellartigen Blattkelchen oder – durch enge Spange geführt – in weichlappige Profilblätter (Trifolien) auslaufend. Farben: Hellrot, Hellgelb, Grün, Mittelblau, Weiß, Schwarz.
Kanontafeln (Farben wie Spaltleisteninitialen): 193ʳ, 193ⱽ, 194ʳ, 194ⱽ jeweils ganzseitige Kanontafeln in Deckfarben, bestehend aus je zwei halbrunden Arkadenbögen (Füllmotiv: Fächerblatt- bzw. Zickzackblattfries) über Akanthuskapitellen – seitlich und im Bogenzwickel sitzt je ein weichlappiges Trifolium – und drei schlanken, gedrehten Säulen; Basen kombiniert aus geraden Sockelplatten, ovalen Kissen und Würfeln (jeweils mit konturparalleler Binnenstruktur).
Miniaturen (Farben wie Spaltleisteninitialen, zusätzlich Orange, Rosa, Lila, Grau, Ocker, Braun): Zu Beginn einzelner biblischer Bücher (Ausnahme: 24ⱽ Figur des Hiob am Ende des Kapitels) auf dem Pergament freistehende Ganzfiguren (teils vorangehende oder nachfolgende Auszeichnungsschrift geringfügig überschneidend) mit gelbem Nimbus vor blauem querrechteckigen Feld.
Einband
Süddeutschland
Äußeres
Sonstiges
Ort:
Nürnberg
Sozietätsname:
Werkstatt Nürnberg, Augustinerkloster 2. Gruppe
Abteilung:
Abteilung des Klosters
Sozietätsart:
Buchbinderwerkstatt
Geltungsdauer:
um 1502-1526
Sozietäts-Komm.*:
EBDB w000090
Zeichen-Kurztitel:
Supralibros mit Regensburger Stadtwappen
Anbringungsort:
Vorderdeckel & Hinterdeckel
Zeichen-Kurztitel:
Regensburger Stadtwappen
Anbringungsort:
Vorderdeckel & Hinterdeckel
Lokalisierung:
Regensburg
Motiv:
Schild mit zwei gekreuzten Schlüsseln
Geschichte
Der im 3. Viertel des 11. Jh. in Mittelitalien entwickelte Typus der Riesenbibel – ein Rückgriff auf die turonischen Bibeln der Karolingerzeit – steht in engem Zusammenhang mit der Gregorianischen Reform und signalisiert das wieder erstarkende Papsttum. Auch nördlich der Alpen waren diese Bibeln in den Reformklöstern bereits ab dem Ende des 11. Jahrhunderts in Gebrauch (u.a. die sog. Gebhardsbibel in Admont, Stiftsbibl., ms. D). Unter den zahlreich erhaltenen Exemplaren, denen 2000/2001 eine umfangreiche Ausstellung gewidmet war (Le bibbie atlantiche), kommt der Münchener Riesenbibel sowohl historisch als auch wegen ihrer prächtigen Illuminierung eine Sonderstellung zu.
Wie die mehrfach an den Seitenrändern eingetragene Widmung belegt, war die Hs. ein Geschenk von Heinrich IV. für die 1071 geweihte Klosterkirche St. Aurelius in Hirsau gewesen, und zwar unmissverständlich ( Heinricus IIII Rex) vor dessen Kaiserkrönung (1084) und gewiss auch vor seiner vorübergehenden Exkommunikation im Jahr 1076. Die einstige Spekulation, die Bibel sei aufgrund der sich verschlechternden Beziehungen des Königs zu Hirsau niemals an ihrem Bestimmungsort angekommen, sondern vielmehr mit Heinrich IV. direkt nach Regensburg gelangt ( Berg 1965), wurde wenig später von M ü therich entkräftet, indem sie den großen Einfluss dieser Riesenbibel auf die Hirsauer Buchproduktion herausstellte. Zudem sprechen Schrift und die Namensform (Heinricus statt Henricus) dafür, dass die Widmungen erst nachträglich in Deutschland und also in Hirsau eingefügt wurden ( Garrison, Bd. 1 ). Bislang lässt sich nicht klären, wann und auf welchem Weg die Bibel nach Regensburg kam, denn es gab frühzeitig sehr enge Beziehungen zwischen beiden Orten, u.a. durch Wilhelm von Hirsau, der – aus St. Emmeram in Regensburg gekommen – 1069 neuer Abt und Initiator der Hirsauer Reform geworden war. Auch ist ungewiss, wann die einst wohl vollständige und vielleicht in zwei Bänden gebundene Bibel ihre heutige reduzierte Form erhielt (das AT beginnt jetzt erst mit den Psalmen; s. zuletzt Ayres 2000 u. in: Le bibbie atlantiche).
Mit seiner reichen Ausstattung (Initialen und Miniaturen) steht der Clm 13001 in der umbro-römischen Tradition der ganzen Gruppe von Riesenbibeln, deren früheste auf das 3. Viertel des 11. Jhs. zurückgehen, und vertritt mit seinen großen Spaltleisteninitialen den frühen geometrischen Stil (s. Garrison, Bd. 1; Berg). Vergleichbar ist eine Riesenbibel in Florenz (Bibl. Medicea Laurenziana, ms.Plut.15.10), die zwar keine Miniaturen, aber sehr eng verwandte geometrische Initialen aufweist. Wie Ayres darlegte, dürften beide Handschriften und darüber hinaus eine Riesenbibel in Rom (Bibl.Apost.Vaticana, ms.Vat.lat. 10511) auf ein gemeinsames Skriptorium zurückzuführen sein (s. Ayres 1985, der deshalb vorherige Datierungen der beiden letztgenannten Bibeln auf einen Zeitraum unmittelbar nach der Entstehung der Münchener Bibel korrigiert). Ein weiterer Stilbezug ist Fingernagel zu verdanken, der in Hinblick auf die mit gepunktetem Flechtwerk gefüllten Initialschäfte und deren aufgesetzte Flechtwerkkronen große Ähnlichkeiten zwischen dem Clm 13001 und einem ebenfalls in Mittelitalien illuminierten Codex Justiniani in Berlin (Staatsbibl., Cod.Lat.fol. 273) beobachtete (s. Fingernagel, Kat. 16). Für die Münchener Riesenbibel lässt sich der Entstehungsort anhand der Schrift allerdings auf Rom präzisieren (Supino Martini).
Die statuarischen Autorenporträts in den Miniaturen des Clm 13001 erinnern stark an jene in der Bibel von S. Cecilia in Trastevere (Rom, Bibl.Apost.Vaticana, ms.Barb.lat. 587 ; z.B. dort Bl. 264ʳ: Esra). Doch im Gegensatz zur Münchener Bibel trägt dort das entrollte Schriftband der Autoren tatsächlich Text (vgl. zu diesem Phänomen L.M. Ayres, Santa Cecilia: The Patron Saint of Musicians and her “Roman” Giant Bible. In: The Echo of Music. Essays in honor of Marie Louise Martinez-Göllner, hrsg. von B. Sullivan. Warren/Mich. 2004, S. 34f.). Auch zeigen die Figuren der Bibel von S. Cecilia eine viel weichere Faltenbehandlung und feiner differenzierte Gesichter. Ähnlich archaisch und eckig formuliert wie im Clm 13001 erscheinen dagegen die Figuren einer dreibändigen Riesenbibel in Rom (Bibl.Apost.Vaticana, ms.Pal.lat. 3-5 ; siehe Berschin), die ebenfalls zu den frühesten erhaltenen Exemplaren zählt und vergleichbare blaue Rechtecke hinter den Nimben aufweist. Allerdings sind diese blauen Felder – die übrigens in gleicher Funktion in zahlreichen Riesenbibeln bei den Nimben zu beobachten sind – dort meist fast quadratisch (z.B. Bl. 35ʳ) und unterlegen den gelben Nimbus komplett (vielleicht die ursprüngliche Funktion dieses Details?). Dagegen hinterfängt im Clm 13001 der querrechteckige Riegel den Nimbus nur partiell.
Literatur
Inhalt
[Text]
Sachtitel:
Biblia Sacra
Kommentar*:
Bücher beginnen jeweils mit Prolog des Hieronymus
Sonstiges
Ort:
Regensburg
Sozietätsname:
Stadtbibliothek Regensburg
Ort:
Hirsau
Sozietätsname:
Kloster Hirsau
Geltungsdauer:
1065-1648
Sozietäts-Komm.*:
Ehemalige Benediktinerabtei, seit 1065 besiedelt, hieß zuerst Aureliuskloster, ab 1069 unter Abt Wilhelm, ca. 1091 Übersiedlung in eine geräumigere Anlage und Änderung des Patroziniums in Sankt Peter und Paul, während der Reformation Einrichtung einer Evangelischen Klosterschule, 1629 Rückkehr des OSB, 1648 Aufhebung
Ort:
Regensburg
Sozietätsname:
Kloster Prüfening
Personenname:
Heinrich <Römisch-Deutsches Reich, Kaiser, IV.>
:
vorhanden
Datierung (num.):
um 1060/1070
..:
Pergament
:
lateinisch
:
Text*:
Heinricus IIII. Rex dedit hunc librum sancto Aurelio
Anbringungsort:
1r & 25v & 56r & 92v & 114r & 195r & 228v & 252r & 273r